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Digitalisierungscheck

Die zunehmende Digitalisierung macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt. Doch sind die Gesundheitseinrichtungen schon genügend darauf eingestellt? Das Fraunhofer ISST bietet nun einen Digitalisierungs-Check an, mit dem sich Gesundheitsdienstleister analysieren und beraten lassen können.


Gelebte Digitalisierung: Wie effizient Unternehmen Daten nutzen, zeigen die Beispiele von Google und Amazon. Als unangefochtene Marktführer in ihren Bereichen haben sie das Potenzial der Digitalisierung bereits vor Jahren erkannt und nutzen es heute nahezu perfekt. Andere Branchen sind dagegen noch weit von der effizienten Datennutzung entfernt – zu ihnen gehört auch das Gesundheitswesen. Auch wenn viele gesundheitsbewusste Menschen bereits ganz selbstverständlich digitale Begleiter wie Fitness-Tracker, Schrittzähler und Co. nutzen, stellt sich die Frage, wie gut die medizinischen Leistungs-erbringer in Bezug auf Digitalisierung aufgestellt sind. Sprich: Können Krankenhäuser, Kostenträger und Gesundheitsdienstleister bei dieser Entwicklung überhaupt Schritt halten? Und wo liegen die potenziellen Mehrwerte?


Das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST beantwortet diese Fragen individuell und neutral im Zuge eines Digitalisierungs-Checks. Dieser soll durch einen qualifizierten Blick von außen einen Rundum-Überblick über den Digitalisierungsgrad im eigenen Haus bieten. Mit dem neuen Angebot hat das Institut auf den Trend der zunehmenden Digitalisierung im Gesundheitswesen reagiert, der die unterschiedlichen Akteure derzeit noch vor schwierige Herausforderungen stellt.

Für Krankenhäuser ist der Einsatz von IT in vielen Bereichen inzwischen zwar unabdingbar, gleichzeitig darf Digitalisierung für sie kein Selbstzweck sein. An vielen Stellen bremst die Angst vor umfangreichen Anpassungen und kostenintensiven Investitionen die Entscheidung zugunsten digitaler Lösungen. Oft herrscht zudem noch die strenge Devise „Never change a running system“. Aus diesen Gründen ist etwa die technik-gestützte Planung der Ressourcen, wie dem benötigten Personal, von Untersuchungsräumen oder hochpreisiger Medizintechnik, auf Basis der medizinischen Behandlungsfälle in deutschen Kliniken eher noch die Ausnahme.


Doch eine weitere Durchdringung des Krankenhauses mit IT-Systemen ist nicht aufzuhalten, eine immer nur abwartende Haltung der Verantwortlichen daher kontraproduktiv. Gerade die zunehmende Bedeutung des Prozessgedankens im Krankenhaus erfordert neue digitale Strategien. Immer kürzer werdende Verweildauern und komplexere Krankheitsbilder verlangen eng verzahnte Prozesse, die häufig aber nicht realisiert werden können, weil es an den entscheidenden Werkzeugen fehlt: IT-Systeme, die dazu in der Lage sind, alle Organisationseinheiten und deren jeweilige Informationsbedürfnisse abzubilden – also einen Gesamtüberblick über die  Abläufe im Haus zu geben und so Abhängigkeiten und Optimierungspotenziale aufzudecken.

An den richtigen Stellen eingesetzt, eröffnen sich durch Digitalisierung jedoch neue Möglichkeiten und komplexe Arbeitsprozesse verändern sich. So ermöglicht zum Beispiel die mobile Visite dem Arzt, direkt am Patientenbett auf Untersuchungsergebnisse zuzugreifen, die Medikation vor Ort anzupassen oder weitere Untersuchungen anzuordnen – sowohl für das Personal als auch für die Patienten ergeben sich auf diese Weise ganz klare Mehrwerte. Doch alleine bei der Einführung der mobilen Visite entstehen auch viele Fragestellungen, die es zunächst zu beantworten gilt: Welche und wie viele mobile Endgeräte werden angeschafft? Wie erfolgt eine eindeu­tige Authentifizierung der User? Welche neuen Anforderungen an die technische Infrastruktur werden gestellt?

Komplexe Themen wie diese sollten von Anfang an strategisch angegangen werden, um für alle Beteiligten den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Insbesondere müssen diejenigen Bereiche im Krankenhaus identifiziert werden,  in denen eine Umstellung bestehender Prozesse auf digitale Alternativen sinnvoll ist und zeitnah angegangen werden sollte. Hier hilft der Digitalisierungs-Check Entscheidern dabei,  die Handlungsfelder mit dem größten Leidensdruck zu identifizieren und eine dazu passende tragfähige technologische Lösung zu entwickeln.


Auch von Kostenträgern oder telemedizinischen Dienstleistern wird erwartet, sich der Digitalisierung anzunehmen und innovative, ganzheitliche Versorgungskonzepte zu entwerfen. Die Ansprüche der Versicherten wachsen kontinuierlich und im Falle einer notwendigen Behandlung sollten sie die Chance haben, sich auf ihren Genesungsprozess zu konzentrieren – und nicht auf die Koordination der Behandlung. An Kostenträger richtet sich daher die Erwartung, Transparenz in Bezug auf ihren Leistungskatalog herzustellen und den medizinischen Behandlungsprozess durchgängig zu begleiten und gegebenenfalls zu steuern.

Kostenträger sind also ebenfalls gezwungen, durch neue Formen des Informations- und Datenaustauschs Effizienzreserven zu bergen und eine höhere medizinische Qualität umzusetzen. Auf dem Weg dorthin sind auch sie – ähnlich wie die Krankenhäuser – mit komplexen Problemen konfrontiert: Wie steht es um das Thema Datenschutz? Welche zusätzlichen Services kann und möchte ich zukünftig für meine Versicherten anbieten? Wie kann ich im Sinne der individualisierten Medizin durch intelligente Algorithmen für den Einzelnen das richtige Präventionsprogramm entwickeln?
Die oben genannten Themen sind nur einige Beispiele,  die die Komplexität von Digitalisierungsfragen im Gesundheitswesen verdeutlichen. Der Fraunhofer-Digitalisierungscheck ermöglicht eine methodische und zugleich praxisnahe Herangehensweise, um die nötige Transparenz zu schaffen.

 

Zunächst werden dabei gemeinsam mit Verantwortlichen und Mitarbeitern alle relevanten Kernbereiche im Krankenhaus beziehungsweise Unternehmen identifiziert. In kurzer Zeit erstellen Experten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen eine ­unabhängige Analyse und Bewertung des Status quo der Digitalisierung im Haus und zeigen systematisch sowohl Stärken als auch Optimierungspotenziale und Risiken auf.


Der Digitalisierungs-Check versteht sich dabei als Einstiegsanalyse. Die Auftraggeber erhalten auf diese Weise mit geringem Investitionsaufwand kurz-, mittel- und langfristig umsetzbare Handlungsempfehlungen für ihre persönliche Digitalisierungsstrategie. Dabei berücksichtigt der Check die individuellen Gegebenheiten des einzelnen Hauses sowie das verfügbare Investitionsbudget.

Auf Basis der im Digitalisierungs-Check entstehenden Analyse begleitet das Fraunhofer ISST auch die Umsetzung konkreter Digitalisierungsprojekte. Diese Unterstützung seitens Fraunhofer ISST kann je nach Personalkapazitäten und -kompetenz des Auftraggebers vielseitig ausgestaltet werden. Für Krankenhäuser umfasst das Dienstleistungsangebot die Konzeption sicherer IT-Lösungen ­unter Berücksichtigung notwendiger Anforderungen und geltender Rahmenbedingungen, die Begleitung von Ausschreibungen, die Standardisierung von Schnittstellen auf IT-Ebene (durch IHE / HL7), die Entwicklung individueller Softwarelösungen sowie den Aufbau von Kompetenz-Netzwerken, sogenannten Think Tanks.


Kostenträger und Gesundheitsdienstleister unterstützt das Fraunhofer ISST beim Aufbau von Versorgungs- und Interventionsprogrammen, der Konzeption und Entwicklung softwaretechnischer Lösungen und der Durchführung medizinischer Vorstudien. Außerdem berät das Institut zu den Themen „Software als Medizinprodukt“, „Datenschutz und Datensicherheit“ sowie zur aktuellen Gesetzeslage (z. B. eHealth-Gesetz des Bundes) und bei der Umsetzung von Betriebskonzepten.

 

Text: Dr. Wolfgang Deiters, Director Business Development Digital Health am Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST.