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Forschung |

Rostocker Forscher entwickeln OP-Saal der Zukunft

Wie sieht der OP-Saal der Zukunft aus? Computer statt Skalpell? Dr. Frank Golatowski vom Institut für Angewandte Mikroelektronik und Datentechnik der Universität Rostock korrigiert: „Wer das denkt, liegt kurz-und mittelfristig falsch. Auch hochmodernste Geräte ersetzen künftig nicht den Arzt“, ist der Wissenschaftler sicher. Der 52-Jährige und sein 30-jähriger Forscherkollege Martin Kasparick sind allerdings fest davon überzeugt, dass durch die intelligente Vernetzung medizintechnischer Geräte die Patientensicherheit im OP weiter erheblich erhöht werden könne - gerade älterer Menschen.

 

Die Experten müssen es wissen, denn sie haben maßgeblich an dem bundesweiten vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Leuchtturm-Projekt OR.NET mit Industriepartnern gewirkt, das den Grundstein für den vernetzten OP-Saal der Zukunft gelegt hat. Was so viel heißt, dass die medizinischen Geräte künftig eine „gemeinsame Sprache“ sprechen müssen. Der heutige OP besteht aus Insellösungen einzelner Hersteller. Ein Datenaustausch zwischen der Technik ist nicht oder nur schwer möglich. Daher: herstellerunabhängige Vernetzung.

 

Golatowski erklärt: „Der Datenaustausch zwischen Medizingeräten untereinander und mit den vielfältigen Krankhausinformationssystemen muss weiter standardisiert und umgesetzt werden.“ Der Gesetzgeber solle die Verwendung dieser Standards innerhalb einer Einrichtung und damit auch für alle Fachabteilungen in der Klinik fördern und fordern. Martin Kasparick macht deutlich, dass die Geräte kommunizieren müssten, sich selbst beschreiben können und ihren Zustand mitteilen.

 

Um diesem Ziel näher zu kommen , haben Wissenschaftler und Praktiker aus der Industrie in diesem Forschungsprojekt neue Konzepte für die herstellerübergreifende Kommunikation von Medizingeräten entwickelt, implementiert und vielversprechende Standards verfasst. Diese Standards werden jetzt international bewertet und verabschiedet. Doch bereits jetzt halten die Rostocker Wissenschaftler ihre Vision für das Modell der Zukunft. Ihr Argument: Der Arzt werde im vernetzten OP der Zukunft nicht mehr durch die Technik mit ihren verschiedenen Systemen abgelenkt. So wird auch der Stresspegel im OP-Ablauf sinken, wird der Operateur die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt erhalten und kann unkompliziert dort eingreifen, wo es gerade nötig ist, beispielsweise am Handgriff eines Endoskops oder auch einem zentralen Bedienmonitor.

 

Die Vernetzung medizintechnischer Geräte in Klinik und Operationssaal könne einerseits die Patientensicherheit erheblich erhöhen und andererseits zu einer Marktöffnung führen, die es den Anwendern gestatte, unter den verfügbaren Komponenten und Systemen frei zu wählen. Doch Voraussetzung dafür ist, dass die vernetzten Geräte über sichere offene Standards verfügen, um miteinander zu kommu­nizieren. So könnten auch Alarme im OP übersichtlicher bewertet werden.

 

Prof. Dr. Christian Schmidt, Ärztlicher Vorstand der Unimedizin Rostock, verfolgt als externer Fachmann die Entwicklung zum OP-Saal der Zukunft mit größtem Interesse. Auch der Mediziner ist sich darüber bewusst, dass hier einheitliche Schnittstellen zwischen den Medizingeräten untereinander und der Krankhaus-IT geschaffen werden müssen: „Die Prozesse werden beschleunigt, Ressourcen lassen sich besser planen, Wechselzeiten werden kürzer – und die Patientensicherheit verbessert sich“, so Schmidt. Zurzeit fragen viele Beteiligte an verschiedenen Stellen häufig gleiche Daten vom Patienten ab – die Pflege, die Anästhesie, der Arzt, die Diätassistentin. Die Rostocker Wissenschaftler forschen weiter am OP-Saal der Zukunft und wollen durch zusätzliche Assistenzfunktionen das OP-Personal unterstützen und die Patientensicherheit erhöhen. Das große Forschungsprojekt OR.NET ist nach über drei Jahren abgeschlossen, Folgeprojekte sind angedacht. Text: Wolfgang Thiel