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Vernetzung |

Integriertes Versorgungsprojekt Gesundes Kinzigtal feierte 10-jähriges Jubiläum

Übergabe des AOK-Bambis bei der Jubiläumsfeier, Foto: Gesundes-Kinzigtal.de

Gesundes Kinzigtal feierte Ende November sein zehnjähriges Bestehen. An der Feier in der neu bezogenen „Gesundheitswelt Kinzigtal“ in Hausach nahmen über 200 Gäste teil. Gekommen waren Leistungs- und Kooperationspartner, Mitarbeiter und Freunde des Projektes. Helmut Hildebrandt, Geschäftsführer Gesundes Kinzigtal GmbH und Vorstand OptiMedis AG, unterstrich auf der Feier: „Mit unserem Versorgungsansatz und der Übernahme der Budgetverantwortung für die gesamte Versichertenpopulation betraten wir vor zehn Jahren Neuland.“ Gesundes Kinzigtal schloss im November 2005 den Vertrag zur regionalen integrierten Versorgung mit der AOK Baden-Württemberg ab. Die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) schloss sich diesem ein Jahr später an.

 

Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, hob in seinem Grußwort die Attraktivität des Kinzigtaler Modells hervor: „Zunehmend mehr Versicherte beanspruchten die integrierte Versorgung. Auch junge Medizinerinnen und Mediziner hielten das Konzept für attraktiv und traten dem Verbund bei.“ Heute sind fast 10.000 Versicherte der beiden Vertragskassen in die Integrierte Versorgung eingeschrieben. Dank der Kooperation unter den Ärzten und mithilfe eines Förderprogramms, das eine strukturierte und zielgerichtete Weiterbildung in vielen Praxen und Krankenhäusern vorsieht, konnten junge Allgemeinmediziner für die Region gewonnen werden.

 

„Die Versicherten in der Region schätzen das Angebot und die hervorragende gesundheitliche Versorgung“, teilte Claudia Lex, Mitglied der Geschäftsführung in der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, für die LKK mit. Die Versorgungsangebote und die Gesundheitsförderung bleiben dabei nicht auf das Gesundheitswesen beschränkt. Im Kinzigtal hat sich in den letzten zehn Jahren ein umfangreiches Gesundheitsnetzwerk entwickelt, welches neben medizinischen und nicht medizinischen Gesundheitsberufen auch viele gesellschaftliche Akteure wie Sportvereine, Selbsthilfegruppen, Betriebe und Kommunen umfasst.

 

Landespolitik lobt Versorgungsmodell

Zum Jubiläum gratulierte auch die Landespolitik. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann lobte in seinem Grußwort, Gesundes Kinzigtal zeige, „dass sich Qualität, Ethik und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sehr gut vereinbaren lassen.“ Die Qualitätsverbesserung belegt die PMV-Forschungsgruppe der Universität zu Köln in ihrem aktuellen Evaluationsbericht zum Abbau von Über-, Unter- und Fehlversorgung im Kinzigtal, unter anderem in der Arzneimittelversorgung. Die bessere Versorgungsqualität geht einher mit höherer Wirtschaftlichkeit. So betrug die Deckungsbeitragsverbesserung im Jahr 2013 für die insgesamt 33.000 Versicherten der beiden Vertragspartnerkassen gut 5,5 Millionen Euro.

 

Die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter beglückwünschte die Gründer und Partner von Gesundes Kinzigtal zu ihrem Mut, neue Wege zu gehen: „Neben der medizinischen Versorgung wird hier auch der wichtige Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention weiterentwickelt.“ Im Kinzigtal sind präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen unter anderem Bestandteil der über 15 strukturierten Versorgungsprogramme. Versicherte mit einem Osteoporose-Risiko können beispielsweise an bewegungsfördernden Angeboten in Sportvereinen teilnehmen, um ihr Sturzrisiko zu vermindern. Raucher können Akupunktur oder Verhaltenstherapie nutzen, um sich dauerhaft vom Tabak zu entwöhnen. Dabei werden Verhaltens- und Lebensstiländerungen nicht von oben verordnet, sondern Arzt und Patient entwickeln und vereinbaren gemeinsam realistische Ziele.

 

Der Vorsitzende der Agentur deutscher Arztnetze, Dr. Veit Wambach, wies auf die einzigartige Evaluation des Projektes hin: „Die umfassende wissenschaftliche Evaluation des Netzgeschehens und ihrer Projekte ist nach wie vor keine Selbstverständlichkeit in der Netzlandschaft. Hier sind Sie beispielloses Vorbild für alle Gesundheitsnetze.“ Mit dem Projektstart vereinbarten die Vertragspartner, die Intervention im Kinzigtal in verschiedenen Dimensionen evaluieren zu lassen. Hierfür wurde eigens eine Evaluationskoordinierungsstelle an der Universität Freiburg i. B. gegründet, die unter anderem die Studie zur Über-, Unter- und Fehlversorgung der Kinzigtaler Versicherten begleitet. Und auch die einzelnen Versorgungsprogramme werden auf ihre Qualität und Wirtschaftlichkeit hin bewertet.

 

Gesundheitswelt geht an den Start

Der Vorsitzende des Medizinischen Qualitätsnetzes – Ärzteinitiative Kinzigtal e. V., Martin Wetzel, machte deutlich, dass das Kinzigtaler Modell ein „dynamisches Etwas ist, das sich immer wieder an die sich ändernden Rahmenbedingungen ausrichten muss.“ Die neu bezogene „Gesundheitswelt Kinzigtal“ in Hausach stellt eine solche Weiterentwicklung dar. In der Gesundheitswelt befinden sich fortan die Geschäftsstelle, die Gesundheitsakademie, in der Kurse und Veranstaltungen für die Versicherten und Fort- und Weiterbildungen für Berufstätige aus dem Gesundheitswesen stattfinden werden, und ein Therapie- und Bewegungszentrum, das ab 2016 präventive, kurative und rehabilitative Angebote für die gesamte Kinzigtaler Bevölkerung anbieten wird. Die Vertragspartner wollen das Modell aber nicht nur weiterentwickeln, sondern in Baden-Württemberg ausweiten. Derzeit wird die Einrichtung weiterer Modellregionen nach dem Kinzigtal-Vorbild geprüft.